Hegenbarth

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Details

Replacement (Hegenbarth)

2019

 

125 x 100 cm

c-print, edition of 3, diptych

 

all courtesy Galerie EIGEN + ART Leipzig/Berlin

 

 

 

Fotografieren bedeutet, einen Ausschnitt aus einem größeren Zusammenhang zu wählen. Das verändert unsere Sicht auf die Dinge: Aus ihrer Umgebung isoliert und durch die Bildränder eingerahmt, treten neue Eigenschaften hervor. […] Ähnlich funktioniert das Josef-Hegenbarth-Archiv: Als Museum schafft es den „Rahmen“ für die Wahrnehmung seiner Inhalte. Ricarda Roggans anlässlich der Ausstellung entstandenes Diptychon irritiert dieses Schema: Sie hat Möbel aus diesem „Rahmen“ herausgelöst und sie in gänzlich fremder Umgebung, im sogenannten Studiolo im Dresdner Residenzschloss, aufgestellt und dort fotografiert. Was vermögen sie hier über das Leben der Hegenbarths zu erzählen? Das ihnen als Objekte tatsächlich eingeschriebene Private – so die Gebrauchsspuren – spiegelt sich im Titel wider: Der Sessel wird zum Ersatz derer, die ihn einst nutzten.

Mit der Folge von Schwarzweißfotografien nimmt Ricarda Roggan Bezug auf die fotografische Dokumentation der Wohnräume, die das Ehepaar Hegenbarth um 1943 vor seiner kriegsbedingten Übersiedelung nach Böhmen anfertigen ließ – als erwarteter Verlust der Dinge, die wenigstens im Bild gesichert sein sollten. Eine versehentlich mitaufgenommene Lampe und gespiegelte Lichtreflexe verweisen darin auf die Situation des Fotografierens selbst. Im technisch inspirierten Nachstellen der halbprofessionellen Aufnahmen wird das merkwürdige Spannungsfeld von Festhaltenwollen, Aufbruchstimmung und gleichzeitig sachlicher Inventarisierung atmosphärisch rekonstruiert.

 

Agnes Matthias (Text aus der Ausstellung „Zeitkapsel. Musealer Raum als Bild“, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstich-Kabinett, Josef-Hegenbarth-Archiv, 5.5.–1.9.2019)